Wie Lernen den Kreislauf der Kinderarbeit durchbricht

 
 

Liebe Freundinnen und Freunde der Lichtbrücke,

Weihnachten steht vor der Tür. Mit dem nahenden Jahreswechsel blicken wir zugleich zurück auf ein Jahr voller gemeinsamer Anstrengungen und nach vorn auf neue Chancen. Ich bin tief bewegt von dem, was wir zusammen erreicht haben, und dankbar für jede Spende, jede Stunde ehrenamtlichen Engagements und jede stille Unterstützung, die ärmsten Menschen in Bangladesch Perspektiven eröffnet haben. Ihre Hilfe weckt Hoffnung! Als neu gewählter Vorsitzender der Lichtbrücke ist es mir ein besonderes Anliegen, auf das fortwährende Problem der Kinderarbeit in Bangladesch aufmerksam zu machen.

Wo Kinder arbeiten müssen, bleiben Träume unerfüllt. Wenn wir aber zusammenhalten, können wir Orte schaffen, an denen Lernen möglich ist und Kindsein wieder Raum gewinnt. Die Thomas-Abend-Schule ist so ein Ort. Ihre Türen öffnen sich für Kinder, die es im Alltag sehr schwer haben. Auf den folgenden Seiten können Sie mehr darüber lesen. Kurz zu mir: Mein Name ist Prof. Dr. Golam Abu Zakaria. Ich bin Medizinphysiker, habe die Strahlenphysik am Kreiskrankenhaus Gummersbach aufgebaut und geleitet und bin seit vielen Jahren mit der Lichtbrücke verbunden. Meine Wurzeln liegen in Bangladesch, und ich bin mit Leib und Seele Oberberger. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, Brücken zwischen Ländern, Menschen und Kulturen zu bauen. Für das kommende Jahr wünsche ich uns allen Mut, Beharrlichkeit und menschliche Wärme. Möge das Jahr, das vor uns liegt, neue Perspektiven schaffen, damit jedes Kind die Chance auf Bildung bekommt. Mit herzlichem Dank für Ihre bisherige Unterstützung und den besten Wünschen für ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein hoffnungsvolles neues Jahr!

Prof. Dr. Golam Abu Zakaria
 
 

Von der Werkbank ins Klassenzimmer

Es ist früher Nachmittag, die Sonne brennt auf der staubigen Straße. Der Markt von Satkhira wirkt wie ein Meer aus Farben und Gerüchen: Gewürze, Fisch, Obst, Tee – überall Stimmen von Händlern, die um Kundschaft werben. Beim Umherlaufen bleibt der Blick an einem kleinen Jungen hängen, der Weintrauben anbietet. Sudhakar Biswas von unserer bengalischen Partnerorganisation Shishu Sasthya Foundation (SSF) zeigt immer wieder auf solche Kinder und sagt: „Wenn Ihr genau hinschaut, werdet Ihr sie sehen.“ Die Szenen wiederholen sich: arbeitende Kinder an Ständen, in Werkstätten, in kleinen Imbissbuden.

 

Jedes Kind hat das Recht, „vor wirtschaftlicher Ausbeutung geschützt und nicht zu einer Arbeit herangezogen zu werden, die Gefahren mit sich bringen, die Erziehung des Kindes behindern oder die Gesundheit des Kindes oder seine körperliche, geistige, seelische, sittliche oder soziale Entwicklung schädigen könnte.“ (Artikel 32 Absatz 1 UN-Kinderrechtskonvention)

 

Kinder, die schuften, statt zu lernen

Wir begegnen Aminal, dreizehn Jahre alt, der in einer Teestube arbeitet. Jahid, acht, hilft beim Gewürzhändler. Selina, zehn, serviert in einem kleinen Lokal. Am Ende der Straße sehen wir eine Werkstatt. Hier arbeitet der kleine Milon, vielleicht sieben oder acht Jahre alt. Er wickelt routiniert Kupferdraht auf eine Spule und zerlegt einen alten Ventilator. „Kinderarbeit ist hier Alltag“, erklärt Sudhakar Biswas. „Wie viele betroffen sind? Niemand weiß es genau. Mehrere Millionen in ganz Bangladesch!“ Ihre Arbeitstage können acht, neun oder zehn Stunden umfassen. Sudhakar Biswas schätzt die Tageslöhne auf 50 bis 150 Taka – umgerechnet nur einige Cent bis ein Euro. „Die Familien sind bitterarm“, sagt Sudhakar Biswas. „Ohne die Arbeit der Kinder könnten sie nicht überleben.“

 
 

Wenn Lernen nur nach Feierabend möglich ist

Die Thomas-Abend-Schule wurde genau deshalb für sie gegründet. 1994 verband das Schicksal den im Sterben liegenden Thomas Schmidt aus Ründeroth mit den Kindern in Satkhira: Er bat seine Mitmenschen um Unterstützung. Aus dieser Starthilfe wuchs die Schule. Die Idee war und ist bis heute einfach, aber wirkungsvoll: Lernen dort ermöglichen, wo Arbeit sonst Bildung blockiert – nach Feierabend, wenn andere Schulen schon längst geschlossen sind. So können die arbeitenden Kinder lernen, ohne die Existenz ihrer Familien zu gefährden.

 

Kinder gehen mit Freude in die Schule

Als wir abends die Thomas-Abend-Schule besuchen, ist es schon dunkel. Die Schule beginnt um sechs Uhr, kurz nachdem der Arbeitstag vieler Kinder endet, und geht bis etwa neun Uhr. Manche haben schon zehn Stunden gearbeitet. Trotz harter Arbeitstage kommen sie mit Neugier und Freude. Lernen ist für sie keine Selbstverständlichkeit. Entsprechend ist ihre Motivation und Hoffnung groß. In den Klassenräumen zeigen die Schülerinnen und Schüler stolz, was sie gelernt haben. In kleinen Gruppen tragen sie Gedichte vor, singen und lesen aus Büchern. Besonders die Jüngsten aus der ersten Klasse strahlen, wenn sie ihre geschriebenen Buchstaben zeigen.
Die Lehrerin Masura Khatun sagt: „Diese Schule ist für die Kinder so wichtig, damit sie später eine Chance haben.“ Zurzeit besuchen 77 Kinder die Thomas- Abend-Schule. „Vor Corona waren es noch 125“, erklärt Sudhakar Biswas. „Dann durfte während der Pandemie nicht mehr unterrichtet werden. Jetzt bauen wir eine Jahrgangsstufe nach der Nächsten wieder auf.“

 

Hoffnung, die sichtbar wird

Die Thomas-Abend-Schule ist nicht nur eine einfache Schule, sie ist ein sicherer Zufluchtsort, ein Raum, in dem die Kinder für einen Moment wieder Kind sein dürfen. In den Gesprächen mit den Lehrkräften wird deutlich, wie viel Herzblut und Aufwand hinter jedem einzelnen Schulabend stehen. Ihre Arbeit und ihr Engagement zeigen, wie beharrliche Bildung Türen öffnen kann – leise, aber beständig.

Als wir die Klassen verlassen, ist es schon spät. Die Stimmen der Kinder hallen nach – fröhlich. Hier, in der Thomas-Abend-Schule, beginnt für sie ein neues Kapitel. Bildung statt Ausbeutung. Zukunft statt Hoffnungslosigkeit. Man sieht ihre Augen leuchten und weiß, jeder Buchstabe, den sie lernen, ist ein Schritt aus der Armut.

 
 

Zu Weihnachten Kinderarbeitern den Schulbesuch und eine Zukunft schenken

  • Lehrmaterialien für vier Schulkinder 50,- Euro
  • Monatsgehalt für eine Lehrerin oder einen Lehrer 150,- Euro
  • Gesundheitsdienste und ein kleines Essen für alle 125 Schülerinnen und Schüler (mtl.) 350,- Euro

Jede Form der Mitwirkung ist uns herzlich willkommen! Auch kleine Beträge helfen!

 

Einige Zahlen und Fakten

Weltweit sind nach Schätzungen von UNICEF und der Internationalen Arbeitsorganisation rund 138 Millionen Mädchen und Jungen von Kinderarbeit betroffen. Es gibt aber auch eine positive Entwicklung: Zwischen 2020 und 2024 sank diese Zahl um 22 Millionen.¹ Dennoch bleibt Kinderarbeit eine gravierende Herausforderung – besonders in Ländern mit hoher Armutsquote. Bangladesch zeigt, wie Fortschritte und Probleme eng beieinanderliegen. Kinder von 0 bis 17 Jahren machen dort 33 Prozent der Bevölkerung aus – ihre Zahl liegt bei etwa 56,9 Millionen.¹ Der Anteil der Menschen, die unterhalb der nationalen Armutsgrenze leben, konnte seit dem Jahr 2000 von 48,9 auf 12,5 Prozent (2022) gesenkt werden.² Trotz dieser Erfolge steht das Land im Index der menschlichen Entwicklung der Vereinten Nationen nur auf Platz 130 von 193 Staaten.² Armut, Korruption und mangelhafte Infrastruktur bremsen die Entwicklung. Im Bildungsbereich sind die Hürden groß: Mehr als die Hälfte der Kinder kann am Ende der fünften Klasse nicht lesen oder schreiben,³ und 23 Prozent der Erwachsenen sind Analphabeten.² Insgesamt fünf Prozent der Kinder in Bangladesch müssen arbeiten² – oft ausschließlich, ohne Schulbesuch. Die Kinderarbeit betrifft weiterhin Millionen. So bleibt die Zukunft vieler Kinder ungewiss.

¹ Quelle: Homepage der UNICEF - ² Quelle: Homepage des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - ³ Quelle: Homepage der Kindernothilfe

Anteil der Kinder, die arbeiten

in Prozent der Kinder von 7 bis 14 Jahren

5 %²

(2013)

 

„ Es gibt keine schlimmere Sklaverei als die Sklaverei der Armut, und die schlimmste Form der Armut ist ein Kind, dem die Kindheit geraubt wurde.“ (Nelson Mandela)

 

Ein Traum wird zum Greifen nah - Wie Bildung Chancen schafft

Israfil ist 13 Jahre alt und arbeitet in einer Fahrradwerkstatt in Satkhira. Zur Zeit von 9:00 Uhr morgens bis abends um 21:00 Uhr, sechs Tage die Woche, flickt er Reifen, repariert Bremsen und tauscht Ketten aus. Sein Lohn: 4.000 Taka (ca. 28,- Euro) im Monat. Als jüngster von vier Kindern hilft er zudem seiner Mutter, die als Haushaltshilfe arbeitet. Sein Vater verkauft aus Abfallmaterialien wiederaufgearbeitete Waren. Das knappe Einkommen der Familie reicht gerade so, um zurecht zu kommen. Trotz harter Bedingungen hat Israfil einen Traum: er möchte Techniker werden. Vor einem Monat gelang ihm ein wichtiger Schritt: parallel zur Arbeit schloss er die Thomas-Abend-Schule erfolgreich ab. Das neu erworbene Zertifikat eröffnete ihm die Chance, sich an der Technischen Schule zu bewerben. Jetzt wartet er auf die Zulassung und arbeitet in der Übergangszeit intensiv, um die zukünftigen Schulkosten zu stemmen. Israfils Traum rückt greifbar näher. Die Thomas-Abend-Schule hat ihm neue Perspektiven eröffnet und zeigt, wie Bildung selbst unter schwierigsten Bedingungen Selbstvertrauen und Hoffnung schafft.

 

„Kein Kind wird geboren, um zu arbeiten. Jedes Kind wird geboren, um zu singen, zu spielen, zu lernen, zu wachsen. Geben wir ihnen diese Chance.“ (Malala Yousafzai)

 

Bildung statt Ausbeutung – Hoffnung schenken

Die Thomas-Abend-Schule ist nicht nur eine einfache Schule, sie ist ein sicherer Zufluchtsort, ein Raum, in dem die Kinder für einen Moment wieder Kind sein dürfen. In den Gesprächen mit den Lehrkräften wird deutlich, wie viel Herzblut und Aufwand hinter jedem einzelnen Schulabend stehen. Ihre Arbeit und ihr Engagement zeigen, wie beharrliche Bildung Türen öffnen kann – leise, aber beständig. Als wir die Klassen verlassen, ist es schon spät. Die Stimmen der Kinder hallen nach – fröhlich. Hier, in der Thomas-Abend-Schule, beginnt für sie ein neues Kapitel. Bildung statt Ausbeutung. Zukunft statt Hoffnungslosigkeit. Man sieht ihre Augen leuchten und weiß, jeder Buchstabe, den sie lernen, ist ein Schritt aus der Armut.

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