Leben für die Armen

Zum einjährigen Todestag von Friedel Knipp

Warmherzig, mitfühlend und fröhlich war er in der Begegnung mit seinen Mitmenschen, kämpferisch und kompromisslos, wenn es um die Ungerechtigkeiten dieser Welt ging. Friedel Knipp, Motor und Herz der Lichtbrücke Engelskirchen, hat wie kaum ein anderer das christliche Gebot der Nächstenliebe gelebt. „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder tut, das habt ihr mir getan“ - diese Botschaft Jesu war sein Lebensmotto.

Friedel Knipp wurde am 03. März 1927 auf der „Teufelsinsel“ mitten in Engelskirchen geboren. Ihm war das typische Leben eines „Engelskirchener Jung“ vorgezeichnet - aber es kam ganz anders. Volksschule, kaufmännische Lehre, dann irgendwo Arbeit in einem Betrieb im Ort. Mitglied in der katholischen Jugend: normal. Dann kam der Krieg. Weihnachten 1944 wird der 17-Jährige einberufen. Aber die Truppen sind längst in Auflösung begriffen, jeder kämpft ums Überleben. Friedel Knipp gerät in englische Gefangenschaft, wird später nach Belgien in ein Lager überstellt. Er schreibt dort Bibelverse auf Klopapier – das gibt ihm Halt. Im September 1945 bringt ihn ein Transport zurück in die Heimat. Der Vater hatte ein Fuhrunternehmen – das Friedel Knipp später übernahm -, lieferte Kohlen und Kartoffeln aus. Friedel Knipp lernte beim Vater soziales Engagement: Als er und sein Bruder einmal die bestellten Kartoffeln an eine kinderreiche Familie nicht auslieferten, weil sie nicht zahlen konnte, gab es heftige Schelte: Diese arme Familie sollte ihre Kartoffeln erhalten! Andere Notleidende bekamen kostenlos Kohlen. Das Vorbild des Vaters hat offensichtlich sein ganzes Leben geprägt!

Weihnachten 1945 durften die Jugendlichen in der Pfarrgemeinde ein Krippenspiel aufführen. Friedel war der Josef, eine gewisse Helma Schmidt spielte die Maria. Helma Schmidt wusste vom ersten Moment an: „Das wird einmal mein Mann.“ Am 12. September 1951 wurde dann Hochzeit gefeiert. Sechs Töchter kamen zur Welt. Musik war von Anfang an ein Familienerlebnis, und so entstand – durch verschiedene günstige Umstände angetrieben – die weithin bekannte „Knipp-Familie“.

 

Engagements in verschiedenen Städten folgten: Man ging am Wochenende auf Tournee! Und Friedel Knipp konnte seine Bühnentalente als munterer Conférencier voll ausleben; er hatte mal davon geträumt, Schauspieler zu werden. Meist wurden Volkslieder gesungen. Dieses Talent nutzte er später bei seinen flammenden Reden in Kirchen, Sälen und bei Basaren, um die Menschen für die Lichtbrücke zu begeistern. Seine Liedvorträge waren legendär und durften bei keiner Veranstaltung fehlen! Das Knipp'sche Familienglück erhielt einen jähen Schlag, als Helma Knipp an Krebs erkrankte. Sie starb am 22. April 1979. Mathilde von Lüninck begleitete als gute Freundin die Totkranke und half später auch Friedel Knipp über die schwere Zeit hinweg.

Für die Andheri-Hilfe Bonn startete Mathilde von Lüninck 1968 die erste Hilfsaktion in Engelskirchen, bei der die Knipp-Familie natürlich nicht fehlen durfte. 1973 gab es den ersten kleinen Andheri-Basar in Engelskirchen. 1983 wurde die Lichtbrücke als eigenständiger Verein gegründet. Sie wurde Vorsitzende, er Geschäftsführer; diese Ämter behielten die beiden über Jahrzehnte. Wer war in der Außenwahrnehmung im Eigentlichen die Lichtbrücke? Friedel Knipp und Mathilde von Lüninck.

1984 heirateten die beiden. 1986 besuchten sie zum ersten Mal Bangladesch. Für Friedel Knipp waren die nun jährlich folgenden Besuche stets eine Kraftquelle, wie er einmal sagte. Denn trotz all des Elends, das er dort erlebte, wurde bei den Besuchen in den Städten, Dörfern und Slums immer wieder deutlich, wieviel die Arbeit der Lichtbrücke bewirken konnte. In Eye-Camps wurden Blinde geheilt, Krankenstationen und Hospitäler wurden gebaut, Mütter erhielten medizinische Hilfe, Dorfhelferinnen zogen aus, um armen Frauen Hoffnung und Einkommen über Kleinkredite zu geben, in Vorschulen lernten fröhliche Kinder, später kamen die Ausbildungszentren für Jugendliche hinzu. Die Lichtbrücke orientierte sich stets an den Bedürfnissen der Bevölkerung; nichts wurde von außen aufgesetzt.

„Menschliche Entrechtung umwandeln in eine menschenwürdige Entwicklung“: Dies war das Motto von Friedel Knipps unermüdlichen Handeln. Von morgens bis abends, auch an Sonn- und Feiertagen war die Lichtbrücke in den Alltag verwoben. Die jährlichen Besuche garantierten eine gewisse Kontrolle, dass die Spenden ankamen. Partnerschaften mit den bengalischen Organisationen bildeten sich heraus, Vertrauen wuchs. Friedel Knipp verstand sich jedoch nie als Almosengeber: Für ihn ging es um eine gerechtere Welt, um eine gerechte Verteilung der Ressourcen von Nord nach Süd, von reich zu arm. Die Armen waren Partner, denen das eigentlich selbstverständliche Recht auf Menschwürde und ein menschenwürdiges Leben zustand. Das Engagement von Friedel Knipp spiegelt sich im stetigen Wachstum des Vereins wider; die Projekte in Bangladesch wurden zahlreicher. Hierzulande wuchsen die Aktivitäten: Es bildeten sich eigenständige Gruppen hier in Deutschland; die Zahl der Basare und Weihnachtsmärkte stieg. Bei Sommerfesten, Schul- und Kalenderaktionen wurden die Menschen über Bangladesch informiert. Auch hierzulande wurde „Entwicklungsarbeit“ geleistet.

Friedel Knipp ist weit über die Grenzen von Engelskirchen bekannt geworden, er ist für viele ein Vorbild im Bestreben, in der Welt mehr Frieden, Gerechtigkeit, Menschenwürde und Freude zu etablieren. Seine letzte Reise nach Bangladesch trat Friedel Knipp 2011 an; danach forderte das Alter einen Rückzug. Dennoch arbeitete er bis zum letzten Tag an seinem Schreibtisch für die Armen. Am 12. Oktober 2020 hat Friedel Knipp seine allerletzte Reise angetreten.

Gabriele Krüper

Ärmsten Menschen zu helfen, war Friedel Knipp eine Herzensangelegenheit. Daher bitten wir in seinem Sinne um eine Spende für die Projekte der Lichtbrücke in Bangladesch.

Impressionen zum Leben und Wirken von Friedel Knipp (Galerie mit 61 Bilder)

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